Die Chronik Konrad Justingers ist die erste bernische Stadtgeschichte, die im Auftrag des Berner Rates verfasst worden ist. Der vom Oberrhein (oder Rottweil?) stammende, im Umfeld Jakob Twingers von Königshofen ausgebildete Justinger (gestorben 1438), wirkte nach 1390 als Notar und Kanzleischreiber, um 1400 auch als Stadtschreiber in Bern. Er erhielt 1420 von der bernischen Obrigkeit den Auftrag, die Geschichte der Stadt von ihren Anfängen an darzustellen. Die um 1430 abgeschlossene Chronik ist einerseits als umfangreichere, so genannte Amtliche Chronik, andererseits in einer knapperen, lange Zeit als «Anonymus» bezeichneten Fassung überliefert. Justinger stützt sich in seiner Arbeit auf ältere Chroniken aus Strassburg, Basel, Konstanz und Zürich, benützt ausgiebig das bernische Archiv und flicht zeitgenössische historische Lieder in den Text ein. Das Werk ist (von zwei Autograph-Seiten abgesehen) ausschliesslich in Abschriften fremder Hand und in verschiedenen Bearbeitungen überliefert. Die Chronik Justingers gilt als eine der qualitativ bemerkenswertesten Stadtchroniken des frühen 15. Jahrhunderts und hat auf die bernische und eidgenössische Geschichtsschreibung der Folgezeit einen bestimmenden Einfluss ausgeübt. Eine Neu-Ausgabe der Chronik Justingers bereitet derzeit Pascal Ladner (Freiburg Schweiz) vor.
Literatur: Strahm, Hans: Der Chronist Conrad Justinger und seine Berner Chronik von 1420 (Schriften der Berner Burgerbibliothek 13), Bern 1978.
Urs M. Zahnd